Nationalpark Jasmund

Im Nordosten der Insel Rügen befindet sich der Nationalpark Jasmund.
Die Stubbenkammer mit dem Kreidefelsen Königsstuhl und großflächige Waldgebiete formen eine unberührte Landschaft.

Stubbenkammer mit Königsstuhl und Nationalpark-Zentrum

Bei einem Aufenthalt auf Rügen ist die Halbinsel Jasmund mit ihrem dazugehörigen und gleichnamigen Nationalpark ein attraktives Reiseziel. Für eine Erkundigungstour sollten Sie mindestens einen Tag einplanen.

Im Zeichen der Eiszeit

Die Halbinsel Jasmund ist von allen Seiten von der Ostsee umgeben. Nur über einen schmalen Küstenstreifen im Westen ist sie zu erreichen. Innenlandgletscher formten das Gebiet während der letzten Eiszeit. Unter dem Druck des Eises wurde die darunterliegende Kreide zusammen mit älteren Eiszeitschichten gestaucht. Es bildete sich ein Höhenrücken, der heute mit dem Piekberg, dem höchsten Punkt Rügens, bis zu 161 Meter aus dem Meer ragt.

Buchenwälder und Moore

Als die Vergletscherung vor etwa 14.000 Jahren endete, bildete sich zunächst eine Kältesteppe, gefolgt von Birken- und Kiefernwäldern und später Eichenmischwäldern heraus. Während der letzten eintausend Jahre galten Buchenwälder als die vorherrschende Waldform.

Die Landschaft ist zudem von Seen durchzogen, die aus Schmelzwasser entstanden. Viele von ihnen verlandeten und wurden zu Mooren.

Geschichte des Naturschutzes

Wegen seiner artenreichen Flora und Fauna erhielt Jasmund bereits erstmals im 16. Jahrhundert besonderen Schutz. Dieser war jedoch zunächst rein wirtschaftlich begründet. Auf Grund seiner Vielfalt an Gehölzen galt die Region als bedeutsame Rohstoffquelle. Im Jahr 1586 regelte die erste Holzordnung die nachhaltige Nutzung des Waldes.

Erst im 20. Jahrhundert hatte der Schutz Jasmunds keinerlei wirtschaftlichen Hintergrund mehr, als der Kreideabbau die Steilküsten der Insel zusehends gefährdete. Er wurde1929durch eine polizeiliche Verordnung untersagt, die die Region als Naturschutzgebiet Jasmund deklarierte. Dem folgten 1986 das Naturschutzgebiet Quoltitz sowie das im Jahr 1990 begründete Naturschutzprogramm der DDR. Im Zuge dessen wurde der heutige, 30 Quadratkilometer große Nationalpark Jasmund etabliert.

Geschichtliche Eckdaten

  • 1586 erste Holzordnung
  • 1929 polizeiliche Verordnung: Naturschutzgebiet Jasmund
  • 1986 Naturschutzgebiet Quoltitz
  • 1900 Naturschutzprogramm der DDR

Schutzziele des Nationalparks

Noch immer ist der Nationalpark Jasmund in erster Linie ein Schutzgebiet. Die Natur soll sich ungestört und soweit möglich auch vom Menschen unberührt entfalten können. Die naturkundliche Bildung ist ebenfalls eine Aufgabe des Nationalparks, die den Schutzzielen jedoch untergeordnet ist.

wesentliche Aufgaben

  • dauerhafte Erhaltung der Naturlandschaften und genetischen Ressourcen
  • Erhaltung von funktionstüchtigen Populationen und einem unversehrten Ökosystem
  • Lenkung der Nutzung durch Besucher für Inspiration, Bildung & Erholung
  • wirtschaftlicher Beitrag durch Tourismus

geografische Eckdaten

  • Fläche: 3.070ha, davon 493ha Weltnaturerbe
  • Pufferzone: 2.577ha
  • Höhe: 0-161m NPL, Weltnaturerbe: 0-131m NPL

70 Millionen Jahre Erdgeschichte

Die Kreideküste im Nationalpark Jasmund gibt Aufschluss über die Geologie Norddeutschlands, denn sie bildet einen Schnitt durch 70 Millionen Jahre Erdgeschichte.

Ihr Name kann auf den ersten Blick täuschen, denn sie besteht keineswegs nur aus Kreide. In ihr finden sich auch andere Gesteinsformen wie Sand, Lehm, Mergel und Findlinge. Sie ist eher chaotisch als gleichmäßig geschichtet – ein Zeugnis zahlreicher plattentektonischer Ereignisse.

Stets im Fluss

Mit etwa 800 Millimetern Jahresniederschlag ist Ostjasmund das niederschlagsreichste Gebiet der deutschen Ostseeküste. Die Erhaltung des naturnahen Wasserhaushalts ist ebenfalls ein erklärtes Schutzziel des Nationalparks Jasmund.

Wasser, das im Untergrund versickert, tritt aus Quellen wieder zutage und fließt über Bäche, die in der Ostsee münden. Auf Grund ihres starken Gefälles erinnern diese zum Teil an Gebirgsbäche. Weiher und Seen gehören nur in geringer Anzahl zum Nationalpark Jasmund. Die Mehrheit der Gewässer ist verlandet, weshalb sich mehr als 100 Moore im Schutzgebiet befinden. Nicht alle von ihnen sind heute in einem naturnahen Zustand.

Obwohl die Moore einen elementaren Beitrag zur Erhaltung des Wasserhaushalts leisten, wurde in der Vergangenheit versucht, die Gebiete trocken zu legen und zu nutzen. Die Moorvitalisierung gehört deshalb zu den wichtigsten Aufgaben des Nationalparks.

Sehenswürdigkeiten im Nationalpark Jasmund

Königsstuhl

Bei den Kreidefelsen der Stubbenkammer gibt es einen Vorsprung, der unter ihnen besonders hervorsticht – den Königsstuhl. 118 Meter hebt sich der imposante Felsen aus dem Meer und bietet mit seiner Plattform von 200 Quadratmetern Fläche einen atemberaubenden Blick über das Meer und die Küste Rügens.

Wie der Kreidefelsen zu seinem Namen kam, ist nicht genau bekannt. Zwei verschiedene Legenden sind überliefert. So soll sich der schwedische König Carl XIII im Jahre 1715 mit einem Stuhl auf dem Felsvorsprung gesetzt haben, um von dort eine Seeschlacht seiner Flotte gegen die Dänen zu beobachten. Einem Reisebericht des Salzgrafen Rhenan aus dem Jahre 1584 ist jedoch zu entnehmen, dass der Königsstuhl seinen Namen zu diesem Zeitpunkt bereits innehatte.

Auch die zweite Legende handelt von einem Stuhl auf dem Felsen. Demnach sollte nur derjenige König werden, der am schnellsten von der Seeseite aus über den Felsen klettert und sich auf besagten Stuhl setzt. Bedenkt man jedoch, dass die Kreidefelsen sehr weich und zum Klettern nicht geeignet sind, scheint einem auch diese Überlieferung wenig glaubhaft.

Nationalpark-Zentrum Königsstuhl

Nur 8,2 Kilometer von der Hafenstadt Sassnitz und unweit vom Königsstuhl entfernt befindet sich das gleichnamige Nationalpark-Zentrum. Der Innenraum des Besucherzentrums beherbergt neben einem eigenen Kino und einem Bistro auch eine Dauerausstellung.

Auf insgesamt vier Etagen erfahren die Besucher in interaktiven Räumen Wissenswertes zur Entstehung Jasmunds, der letzten Eiszeit, Flora und Fauna oder der angrenzenden Ostsee und ihrer Bewohner.

Das Nationalpark-Zentrum Königsstuhl hat ganzjährig geöffnet.

Stubbenkammer

Die Region rund um den Königsstuhl wird als Stubbenkammer bezeichnet. Ihr Name leitet sich aus dem Slawischen ab und setzt sich aus den Worten Stolpin und kamen zusammen. Stolpin steht für „Stufe“ und kamen für „Fels“.

Es wird zwischen der großen und der kleinen Stubbenkammer unterschieden. Die große Stubbenkammer umfasst den Königsstuhl und die nördlich angrenzende Felsformation sowie die dazwischenliegende Schlucht.

Die südlich vom Königsstuhl gelegene Kreidewand gilt als die kleine Stubbenkammer. Sie beinhaltet den Aussichtspunkt „Victoriasicht“, der einen perfekten Ausblick auf den Königsstuhl bietet.

1865 besuchte der preußische König Wilhelm I den Punkt zusammen mit seiner Schwiegertochter, der Kronprinzessin Victoria. Diesem Anlass verdankt die Aussichtsplattform ihren Namen.

Alte Buchenwälder

Auf etwa 2.100 Hektar Fläche befindet sich der größte zusammenhängende Buchenwald der Ostseeküste – die alten Buchenwälder Jasmunds. Seit seiner Ausweisung als Nationalpark 1990 wird das Gebiet nicht mehr fortwirtschaftlich genutzt.

Die dominierende Waldform ist der Waldgersten-Buchenwald. Je nach Untergrund wird er begleitet von weiteren Waldarten. Auf den Kreidefelsen beispielsweise wächst der Orchideen-Kalkbuchenwald, der Eschen-Buchenwald findet sich in Bachtälern.

Die in weiteren Teilen unberührten Wälder sind Lebensräume zahlreicher seltener Tier- und Pflanzenarten. Frauenschuh, Riesenschachtelhalm und Zwiebelzahnwurz sind nur einige von ihnen. Nahe der Kreideküste brüten einige Zugvögel, wie zum Beispiel der Wanderfalke oder die Mehlschwalbe.

Rad- und Wanderwege im Nationalpark Jasmund

Damit Besucher in den Genuss der Landschaft kommen, ohne diese in ihrer Entfaltung zu stören, wurden zahlreiche Wander- und Radwege angelegt. Diese führen gleichermaßen über Auf- und Abstiege wie über Beobachtungs- und Informationspunkte.

Auf die Art bekommen Touristen die Möglichkeit, Erholung und Bildung miteinander zu verbinden.

Hinweis: Aus Naturschutzgründen dürfen Wander- und Radwege nicht verlassen werden. Das Fangen und Entnehmen von Tieren oder Pflanzen ist ebenso untersagt. Hunde dürfen zudem nicht frei herumlaufen und müssen angeleint werden.